AfD-Politiker Höcke ruft seine Anhänger zum „vollständigen Sieg“ auf

Hat mit massiver Kritik am Holocaust-Gedenken der Deutschen Empörung ausgelöst: der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke. Foto: Axel Heimken/Archiv

von KLAUS KELLE

Dresden – Der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke hat mir Aussagen auf einer Veranstaltung der „Jungen Alternative“ (JA) am Dienstagabend in Dresden für Wirbel gesorgt. Wörtlich sagte er: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Denkmal der Schande, eindeutig.

Der AfD-Politiker sagte weiter, bis jetzt sei der deutsche Gemütszustand der «eines brutal besiegten Volkes». «Anstatt die nachwachsende Generation mit den großen Wohltätern, den bekannten, weltbewegenden Philosophen, den Musikern, den genialen Entdeckern und Erfindern in Berührung zu bringen, von denen wir ja so viele haben,…vielleicht mehr als jedes andere Volk auf dieser Welt…, und anstatt unsere Schüler in den Schulen mit dieser Geschichte in Berührung zu bringen, wird die Geschichte, die deutsche Geschichte, mies und lächerlich gemacht», sagte Höcke.

Nachdem heute massive Proteste von Politikern der etablierten Parteien laut wurden, meldete sich Höckeselbst gegen Mittag mit einer Erklärung zu Wort:

„Ich bin erstaunt über die Berichterstattung zu meiner Rede vom 17. Januar in Dresden. Angeblich soll ich dort das Holocaust-Gedenken der Deutschen kritisiert haben. Diese Auslegung ist eine bösartige und bewusst verleumdende Interpretation dessen, was ich tatsächlich gesagt habe.“ Er habe „den Holocaust, also den von Deutschen verübten Völkermord an den Juden, als Schande für unser Volk bezeichnet. Und ich habe gesagt, dass wir Deutsche diesem auch heute noch unfassbaren Verbrechen, also dieser Schuld und der damit verbundenen Schande mitten in Berlin, ein Denkmal gesetzt haben.“

Das lässt viel Raum zum Interpretieren. Wenn er gesagt hat, es handele sich um ein „Denkmal der Schande“ könnte man es so verstehen, als sei es eine Schande, dass es überhaupt ein Holocaust-Denkmal in Berlin gibt. So wie sich Höcke jetzt äußert, soll es wohl klingen, als gehe es eben um ein „Denkmal der Schande“ angesichts der im deutschen Namen verübten Verbrechen. Da kann sich jeder heraussuchen, was ihm gerade gefällt, und – wie gesagt – es ist viel Platz zum Interpretieren.

In den sozialen Netzwerken ging es heute Vormittag hoch her nach dem Aufmacher auf TheGermanZ, aber auch in unserer Redaktion, wo viele Mails pro und contra Höcke eingingen. Manche schrieben, es sei halt die übliche „Lügenpresse“, andere outeten sich als AfD-Anhänger, die entsetzt sind und schreiben: „So wird das nichts mit einer konservativen Alternative für unser Land“.

Inzwischen gibt es ein Video von der Rede, das im Internet verbreitet wird, es gibt Berichte von Journalisten, die in Dresden dabei waren. Die linke Tageszeitung Frankfurter Rundschau, die zu recht verdächtigt wird (auch von mir) in „Geisterjäger“-Manier nahezu jeden Bürger, der noch mit Messer und Gabel essen kann, zum Rechtspopulisten zu erklären, schreibt über die gruselige Veranstaltung:“

„Langsam wird Höcke warm, wenn er von Angela Merkel spricht, die sich ‚weder durch ihren erstarrten Habitus noch ihre floskelhafte Phraseologie von Erich Honecker‘ unterscheide. „Bravo“, ruft es aus den begeisterten Kehlen, ‚Merkel muss weg‘.“

Und einen Gruß an die eigenen Parteifreunde hatte der AfD-Vorsitzende aus Thüringen auch noch. Manche, so mutmaßt er, würden dem glitzernden Berlin wohl verfallen, wenn sie erst Teil des Politikbetriebes seien: „Sie werden sich ganz schnell sehr wohl fühlen bei den Freisaufen-Veranstaltungen.“

Dann wendete er sich noch direkt an die „Jungen Alternativen“: „Ich möchte, dass ihr euch im Dienst verzehrt, ich möchte euch als neue Preußen, ich weise euch einen langen und entbehrungsreichen Weg, aber es ist der einzige Weg, der zu einem Sieg führt, und dieses Land braucht einen vollständigen Sieg der AfD“. An irgendetwas erinnert mich dieser Ton….

Seine Fans in Dresden jubelten, so wie solche Fans bei solche Reden immer gejubelt haben. Auch aus der Parteispitze der AfD ist erkennbar Unmut über diesen unsäglichen Auftritt in Dresden zu hören. Marcus Pretzell, Vorsitzender des (größten) Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, mahnte heute, dass solche Auftritte  schädlich für die Partei seien. Und viele der aktiven Wahlkämpfer dürften das genauso sehen.

Auch bei den Grünen gab es in den Anfangsjahren Spinner, Kommunisten, Pädophilen-Freunde. Die Partei hat über die Jahre einen Weg gefunden, der sie in dieser Gesellschaft trotz der üblichen Ausreißer akzeptabel macht. Die AfD hat diesen Weg der Selbstfindung erst noch vor sich und muss, wenn sie eine Zukunft als gestaltende Kraft haben will,zum Beispiel von Antisemiten wie dem Herrn Gedeon aus Baden-Württemberg trennen. Der ist – wie ich heute im Deutschlandfunk hörte – noch immer Mitglied der AfD. Ich kann das gar nicht glauben.

Bildquelle:

  • AfD-Politiker Höcke: dpa

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.